Nicht für die Uni, für das Leben lernen wir

Einen großen Schritt habe ich vergangene Woche gemacht. Die Uni hat mich als aktiven Student zurück. Vor Ort lernt und lebt es sich doch anders, als immerzu in seinen eigenen vier Wänden.

Zwar bin ich nie gern zur Schule gegangen. Meine Mutter erzählt dann gern, dass ich sie wirklich nach einer Woche in der ersten Klasse das erste Mal fragte: „Muss ich da wirklich wieder hin?“. Das sollte der rote Faden meiner Schulzeit werden. Aber mittlerweile bin ich gern lernender Teil des deutschen Bildungssystems, auch wenn es bis zum Master gedauert hat, etwas zu finden, dass es mir so richtig Wert ist und noch dazu auch Spaß macht. In genau diesem Teil meines Lebens habe ich durch den Unfall allerdings auf Pause gedrückt. Noch dazu etwa eine Woche vor meiner absolut letzen Prüfung.

Jetzt habe ich also wieder den Play-Knopf betätigt und habe mich wie noch nie in meinem Leben darauf gefreut wieder zur Uni zu gehen. Und was für ein Gefühl das war! Unser Gebäude könnte die ein oder andere optische Generalüberholung vertragen und ins 21. Jahrhundert geholt werden, aber wie schön es war die vertrauten Gänge entlang zu krückeln und sogar diese „tolle“ leicht abgestandene Flurluft einzusaugen. Einfach wieder Teil MEINES Lebens zu sein, es mir wieder ein Stück mehr zu eigen zu machen.

Wenn einem dann noch Kommolitonen begegnen, man gemeinsam schwatzt und lacht und sogar die Dozenten sich so sehr freuen einen zu sehen, dass sie mich fast umarmen, gibt es kaum etwas besseres!

Ohnehin habe ich von vielen in der Uni Rückhalt erfahren, mit dem ich niemals gerechnet hätte. Freunde, die zu Besuch kamen, von denen ich nicht dachte, dass sie sich doch so Gedanken um mich machen. Freunde, die auch nicht vor 4 Stunden Autofahrt zurück schrecken, um „mal eben“ im Krankenhaus vorbei zu kommen. Dozenten, die Mails und Postkarten mit Genesungswünschen schreiben. Das gibt einem das schöne Gefühl irgendwas richtig gemacht zu haben. Und auch das Wissen, dass man nicht allein kämpfen muss.

Nach einem dreiviertel Jahr Abwesenheit wieder den Vorlesungssaal zu betreten, die beinah schöne Aussicht auf Rhein und Dom zu bewundern. Die tatsächlich bequemen gepolsterten Stühle unterm Hintern und dann das Rauschen des Lüfters unserer technischen Anlage in den Ohren. Mir war bis dahin gar nicht bewusst, dass ich auch das vermisst hatte. Beim Anblick unserer trist grauen Dolmetschkabinen wurde mir ganz warm ums Herz und ich konnte es kaum erwarten loszulegen. Wohl wissend, dass ich nach dieser langen Pause wohl ziemlich eingerostet sein würde.

Und dann war er da, der Moment. Kopfhörer auf, Mikrofon an, dem Redner lauschen und selbst sprechen. Wer hätte es gedacht – es ging noch. 🙂 Natürlich holprig, aber besser, als ich (und auch die Dozentin) erwartet hätte. Das stimmt positiv! Mit etwas Geduld, regelmäßiger Übung und Durchhaltevermögen wird das wieder. Wie bei allem im Leben. Oder etwa nicht?

 


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