Irgendwie unvollendet

Wow, noch bin ich etwas sprachlos. Ich habe meine Prothese! Und bin sie Probe gelaufen. Nicht freihändig, aber – WOW. Es ist für mich etwas früh das in Worte zu fassen. Aber all die Möglichkeiten, die mir dadurch eröffnet werden..! Bewegungen und Abläufe von denen ich nur noch geträumt habe, aber kaum zu hoffen wagte, dass es wieder wahr wird. Unglaublich

Und meine Eltern freuen sich auch sehr. Allerdings habe ich irgendwie das Gefühl, Mamas Freude durch Ruhe und Zurückgezogenheit ausgleichen zu müssen. Sie projiziert gerade zu viel auf mich, das ist etwas erdrückend. Und dass ich das so sehe, irritiert mich. Ich glaube ich muss erst mal alles für mich selbst begreifen.

Eine Person gibt es, die ich am liebsten sofort ganz fest gedrückt hätte (noch vor meinem tollen Prothesenbauer) und noch immer gern machen würde – natürlich Frau L. Diese Verbundenheit, die ich zu ihr aufgebaut habe, verblüfft mich immer wieder auf’s Neue. So gern würde ich diesen Erfolg mit ihr teilen. Immerhin hat sie von Anfang an gesagt, dass eine Amputation und Prothese eine gute Alternative wären. Jetzt soll sie aber erst mal selbst wieder fit werden und dann in den wohlverdienten Urlaub fahren. Auch wenn es mir schwer fällt, werde ich keine Mail schicken. Eine zur guten Besserung muss reichen, bis es Zeit für eine Sprechstunde ist.

Es fiele mir bestimmt leichter, wenn ich sie im Krankenhaus nochmal gesehen hätte, oder wenigstens bei der Kontrolle vor drei Tagen. So bin ich zwar auf jeden Fall auch gut versorgt, aber fühle mich auf eine Art unvollendet. Fr. Dr. L is so viel dieses Weges bisher mit mir gegangen (eigentlich ist nur sie gegangen 😉 ) und jetzt, da es endlich gut wird, ist sie weg. Das geht in mir irgendwie nicht. Es geht weiter – nein nicht nur weiter, sondern bergauf -, aber sie fehlt.

Dazu kam bei der Entlassung letzte Woche noch ein Gefühl von Leere, als ich aus dem Krankenhaus raus bin. Das erste Mal mit dem Wissen, wohl nicht mehr stationär und für OPs wieder zu kommen. Dabei war das Krankenhaus und Dr. L in den vergangenen zehn Monaten doch ein nicht unbedeutender Teil meines Lebens und von einem konnte ich mich nicht mal verabschieden.


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