Entscheidungen für’s Leben

Es gibt Entscheidungen, die fallen uns leicht. Die Bude auf Vordermann bringen oder mit Freunden in den Biertgarten? Klar: Biergarten. Es gibt Entscheidungen, bei denen ist die Auswahl so groß und gut, dass wir uns nicht entscheiden können. Als Beispiel dienen hier diverse Speisekarten. Dann hilft es schonmal, dass die Begleitung oder der Kellner mit einem Ratschlag aushelfen und die Sache ist gegessen.

Es gibt aber auch Entscheidungen, die fallen uns nicht so leicht. Manchmal helfen da ein paar Infos oder eine Nacht darüber zu schlafen. Das sind die Entscheidungen über die viele gern lamentieren.

Es gibt auch Entscheidungen, die können uns abgenommen werden. Heute lieber einen Nachmittag vor der Glotze oder im Garten? Regnet es draußen Bindfäden, ist dieser Fall meist klar. Am Wochenende lieber den Braten oder ein vegetarisches Couscous zubereiten? Kommt die vegetarisch lebende Freundin zu Besuch ist auch diese Frage schnell vom Tisch.

Das sind Entscheidungen, deren Konsequenzen sich doch nur kurzfrisitg auswirken. Was ist hiermit: Sollen wir jetzt diese Wohnung kaufen? Das Paar ist noch nicht lang zusammen. Einer der beiden studiert noch. Aber eigentlich ist der Preis unschlagbar. Schon schwerer zu entscheiden. Oder das: Lasse ich mir dieses wunderschöne Tattoo stechen? Es wird mich aber ein Leben lang begleiten oder nur aufwendig zu entfernen sein.

Und was ist mit einem Hammer? Die Bezeichnung absoluter Hammer ist für mich bereits besetzt: Entscheiden zu müssen, ob bei einem geliebten Menschen die lebenserhaltenden Maßnahmen gestoppt werden sollen. Aber ganz so weit möchte ich hier und heute in diesem Gedankenspiel nicht gehen.

Ein Hammer in Sachen Entscheidung wäre für mich die Wahl, es wird hier niemanden wundern, zwischen aufwendigen (wenig erfolgversrpechenden) OPs und der Amputation eines Körperteils. Egal welchen Körperteils. Denn hier gilt definitv, dass diese Entscheidung Auswirkungen auf das gesamte restliche Leben hat. Der eigene Körper, so wie man ihn sein Leben lang kannte, ist danach anders. Grundlegend. Es fehlt etwas. Je nachdem ändert sich das eigene Leben nach einer Amputation. Vielleicht ist die Fortbewegung eingeschränkt. Vielleicht muss eine Umschulung her. Vielleicht kommt die Familie damit nicht klar. Hinzu kommt, dass diese Entscheidung nur der Betroffene und sonst niemand fällen kann. Natürlich gibt es hier die Ausnahme, dass ein Unfall keine andere Option lässt, aber auch das bleibt ein Hammer.

Jetzt hängt diese Frage wie ein Damokles Schwert über dir. Was machst du dann?

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Wer weiß das schon? Über die Plagerei zu solch einer Entscheidung zu kommen habe ich schon mehrfach geschrieben. Für mich ist klar, dass es in dieser – meiner – Situation keine bessere Entscheidung gab als zu amputieren.  Wenn es aber jetzt um ein anderes Körperteil ginge, ich weiß nicht was ich machen würde.

Was ist dann richtig?

Was ist dann falsch?

Was ist…?

So sehr andere ihre Meinung kundtun, so gut mancher Rat gemeint ist; es hilft nicht. Auch der beste Arzt der Welt kann nur mit Informationen zur Seite stehen und dir das Gefühl geben unterstütz zu werden. Das können sie alle. Aber es hilft nur etwas. Erfahrungen anderer Betroffener können helfen etwas in die Zukunft zu schauen. Wie kann es in einem, zehn, 36 Jahren sein. Aber auch das hilft nur ein bisschen.

Es tut unsagbar gut zu wissen, dass Rückhalt da ist. Rückhalt bedeutet zu wissen, dass man fallen darf, dass man schwach sein darf, dass man zweifeln darf. Rückhalt bedeutet zu wissen nicht allein zu sein. Das ist definiv eines der schönsten Gefühle überhaupt. Aber zur Entscheidungsfindung trägt es nicht bei.

Das ist eine Entscheidung, die aus dem Inneren kommen muss. Früher hätte ich bei solch einer Aussage nur gelacht; ich hielt das nicht für möglich. Heute sehe ich das anders. Entscheidungen mit dieser unbeschreibbaren Tragweite können meines Erachtens nur nach Gefühl entschieden werden. Bei mir brauchte es Zeit dazu, außerdem etliche OPs und unzählige Gespräche. Irgendwann war sie einfach da. Sie hat sich nicht angekündigt, sich für mich nicht angedeutet. Es war einfach das Gefühl zu wissen, was richtig ist.

Entscheidungshilfe Inneres

Das ist dann richtig.
Dieses Gefühl kann niemandem eingeflöst werden. Dieses Gefühl kann niemandem gegeben werden. Dieses Gefühl muss von allein kommen. Dann ist es die Entscheidung richtig.

Wie seht ihr das? Wie trefft ihr die wirklich wichtigen Entscheidungen?


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