Ihr lieben Leser, bevor es dieses Mal wieder einen praktischen Beitrag gibt, schulde ich manch einem noch die Ergebnisse meiner Kontrolle im Krankenhaus.
Die Fäden sind raus. Das wäre so die Zusammenfassung 😉 Wie das aber bei mir so ist, darf ich jetzt dennoch nicht belasten. Leider. Die Narbe ist noch nicht überall zu 100% geschlossen und da jetzt Belastung drauf zu geben, könnte ganz leicht dazu führen, dass sie wieder ganz auf geht. Und das wollen wir ja nicht. Auch wenn meine Frau Dr. L am Mittwoch sehr entspannt war, ist es ihr sichtlich schwer gefallen, mir nochmal eine Woche „Ruhe“ aufzuerlegen und mich dann kommenden Mittwoch noch einmal zu begutachten, ob sie dann ruhigen Gewissens ihre Freigabe aussprechen kann. Aber momentan vergeht so eine Woche ziemlich schnell, denn mein Leben lebt sich immer „normaler“ dahin.
Jedem, der so eine Zeit durchmacht, kann ich nur empfehlen die gewohnten Dinge des eigenen Alltags nicht aus den Augen zu verlieren. Denn sie lenken einen ab und das ist Balsam für die Seele. Und jeder weiß: wem es seelisch gut geht, dessen körperliche Genesung verläuft schneller. So war ich z. B. zum Wochenstart mit Freunden beim Sonnenaufgangsfrühstück. Wir saßen da auf der Wiese am Wald und die Sonne ging langsam über einem Tal mit kleinen Nebelschwaden auf. Wunderschön! Und einfach nur zu empfehlen!
Nach wie vor ist es ja aber so, dass ich (mal wieder) mit einem Bein und einem Paar Krücken mein Leben bestreite. Ist schon etwas anstrengend, aber es gibt kaum ein besseres Training für die Oberarmmuskulatur! Und ganz ehrlich, nach 10 Monaten ist das für mich schon zur Normalität und Gewohnheit geworden. Abgesehen von dem, was einen außerhalb der Geborgenheit der eigenen vier Wände so erwartet, gibt es auch Herausforderungen zu Hause, die sich erst einmal in den Vordergrund spielen, mit etwas Einfallsreichtum aber bald zu Nebenrollen werden. Davon möchte ich heute ein paar mit euch teilen.
Fangen wir unten und mit dem vielleicht wichtigsten (abgesehen von der eigenen Einstellung natürlich) an: der belastete Fuß. Der muss sich wohl fühlen, denn er wird jeden Schritt allein machen und mehr Arbeit haben als sonst. Bequeme Schuhe sind also unabdingbar und ich finde welche mit etwas dickerer Sohle am besten. Am Anfang bin ich auch im Haus immer mit einem Sportschuh unterwegs gewesen, weil ich damit gefühlt den besten Halt hatte. Mittlerweile krückel ich auch in Latschen durch die Gegend. Ist aber eine Sache des Vertrauens in den eigenen Körper und kommt mit der Zeit.
Dann folgen für mich die Arme und Handgelenke und die sind sehr eng mit den Krücken verbunden. Als Fußballer sind meine Arme in Sachen Kraft und Ausdauer irgendwie immer etwas kurz gekommen. 😉 Gehstützen verlangen aber genau das. Da hilft nur Training. Mit der Zeit hält man immer länger durch und dann ist irgendwann auch ein 1,5 Stunden-Strandspaziergang keine allzu große Sache mehr. Jedenfalls mit dem richtigen Equipment. Ich habe nicht schlecht gestaunt, was man an Krücken alles verändern / verbessern kann.
Nr. 1: Die Griffe. Meine sind (dank aufmerksamer Orthopädietechniker!) ergonomisch geformt und aus einer Art Gummi. So werden die Handgelenke deutlich weniger beansprucht, weil die Hand eine größere Auflagefläche hat. Und ich hatte in den 10 Monaten erst 2 Mal Schmerzen in einem Handgelenk.
Nr. 2: Die Gummikappen/-füße unten an den Krücken. Standarddinger reichen mir da im Allgemeinen voll und ganz. Und jetzt kommt das „aber“. Wenn der Boden rutschig ist, stoßen die absolut an ihre Grenzen. Damit meine ich keine regennasse Straße, sondern viel mehr das Badezimmer mit nassen Fliesen oder die Dusche. Achtung Rutschgefahr! Hier verwende ich so genannte Haftpuffer. Die bekommt man da, wo es auch Krücken gibt. Die Unterseite ist aus Polyutheran, das sich durch seine hohe Rutschfestigkeit, selbst auf glatten und feuchten Untergründen, auszeichnet. Seit ich die habe fühle ich mich im Bad deutlich sicherer und war sogar mit den Dingern im Schwimmbad: einwandfrei! Bei Benutzung im Freien nutzen sie sich wohl schnell ab, aber da kann ich nicht mitreden, ich habe separate Bad-Krücken.
Eine große Herausforderung ist der Winter an sich. Schnee und Eis sind alles andere als ideale Bedingungen für Krücken. Man rutscht auch hier wieder schnell weg. Auch dagegen gibt es aber ein Mittel: Eiskrallen. Super Teile, mit denen ich selbst vereiste Flächen gut überwinden konnte. Meine schraubt man am Krückenstab fest und kann sie bei Bedarf runter klappen. So ist man flexibel, was den Untergrund angeht.
Wo wir gerade bei den Krücken sind. Dem aufmerksamen Mitmenschen ist bereits aufgefallen, dass zwei Unterarmgehstützen dazu führen, dass immer beide Hände mit laufen beschäftigt sind. Etwas zu tragen ist da nicht. Gut, auch da wird man mit der Zeit experimentierfreudiger und eine Plastikflasche oder ein Buch sind schnell unter den Arm geklemmt. Aber es gibt so viele andere Dinge, die man eigentlich permanent durch die Weltgeschichte trägt. Eine Hose mit großen Taschen macht sich für die ganz kleinen Dinge echt gut. Für die etwas größeren muss eben ein Rucksack her. Da kann dann auch mal der Kaffee in einer Thermoskanne und eine Tasse rein, damit man den auf der Couch genießen kann. Aber in der Küche trifft man allgemein auf so einiges, bei dem es echt nervt, alles erst in eine Dose zu packen und es dann am Tisch wieder rauszuholen. Ich habe da ein fleißiges Helferlein gefunden. Mein Sofa-Beistelltisch auf Rollen. Da lade ich Teller, Besteck, Essen… einfach drauf und schiebe den durch die Räume. Damit gehe ich zwar auch oft mehrfach, aber ich spare Verpackung und saue mir auch nicht irgendwelche Taschen ein. Hilfsbereite Fußgänger mit funktionstüchtigen Armen sind natürlich eine hervorragende Alternative.
Frisch gestärkt, geht es ans Aufräumen. Macht ja keiner gerne. Und mit Krücken wird das nicht schöner, im Gegenteil. Hat man die Hände nicht frei, dauert das eben deutlich länger. Hier kommt auch wieder der Rucksack ins Spiel. Gerade bei Kleidung hört der Spaß aber wirklich auf. Gerade frisch gebügelt möchte man die ja schon glatt im Schrank ablegen. Da ist das mit dem Transport… naja. Mir hilft da mein Schreibtischstuhl auf dem ich sperrige Dinge, oder eben Klamottenstapel, in die Hände nehmen und von A nach B rollen kann. Der erhoffte Effekt, dass ich ein bisschen ordentlicher werde ist leider ausgeblieben.
So, nach getaner Arbeit hat man sich eine schöne Dusche mehr als verdient. Mit Haftpuffern ist das ja auch kein Thema. Aber halt, echt? Meine Prothese darf nicht mit in die Dusche. Und auf einem Bein ist das wieder eine Sache für sich. Mal eben aus den Sachen steigen geht nicht. Dafür habe ich einen Hocker neben der Dusche stehen. Vor der Dusche liegt eine Matte, damit ich mit dem nassen Fuß später nicht ausrutsche und in der Dusche kann ich auf einer gemauerten und gefliesten Bank sitzen. Sonst ist das Punkt, an dem ein Duschhocker ins Spiel kommt. Außerdem habe ich einen Griff an der Wand. Auch wenn ich im auf einem Bein stehen ganz gut geworden bin, ist abtrocknen im Stehen echt schwer. Da bin ich lieber faul und erledige auch das sitzend. Gerade beim Haare abtrocknen wackelt es doch ziemlich. Vom Hocker bis in die Dusche komme ich mit Krücken, die ich vor der Dusche auf dem Boden ablege. Da komme ich nachher auch wieder gut dran. Versuch macht in diesem Fall kluch.
Dann habe ich noch einen letzen Hinweis. Am Anfang habe ich meinen Krückenlauffähigkeiten nicht so sehr vertraut und konnte im Dunkeln nicht laufen, weil ich ja die Unebenheiten des Bodens nicht sehen konnte. Was, wenn ich dann doch wegrutsche und voll hinschlage? Das war mir nicht geheuer. Da musste eine Stirnlampe her und voilà, alle „Probleme“ gelöst.
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