Wow. Juhuu! Ich würde es nicht glauben, wäre ich nicht selbst dabei gewesen. Ich bin gelaufen. Freihändig. Ohne Krücken und fast rund. Es fühlte sich an, als hätte ich nie etwas anderes gemacht als zu gehen. Die neue Prothese ist der Wahnsinn. Karsten (mein Prothesenbauer) meint, da ginge in Sachen Technik und Prothese noch mehr. Aber für mich ist er bereits jetzt ein Held! Das neue Vakuumsystem fühlt sich deutlich geschmeidiger an, als die Prothesen mit Klick. Es war so toll. Ich bin freiwillig und gern den Flur immer wieder hoch und runter gelaufen. Kein Eiern, kein Wackeln, keine Schmerzen. Knüller! Auf dem Heimweg im Auto hat es mir dann gedämmert, was ich da getan habe und was das heißt -und mir standen Freudentränen in den Augen.
Volle Wassergläser tragen, Tisch abdecken, Decken stehend zusammen legen ohne um zu fallen. Das grenzt für mich an ein Wunder. Und doch ist es gerade war. Die ersten Tage mit der neuen Prothese laufen gut. Und es läuft sich auch ganz gut. Ich kann die Krücken ganz hoch nehmen und komme dennoch vom Fleck. Das ist so ein erhabenes Gefühl. Nur hält es nicht so richtig lange an. Es ist irgendwie normal, als hätte es diese unendlich scheinende Laufpause nie gegeben. Dann gibt es wieder Momente, an denen ich ganz unweigerlich plötzlich lächeln muss weil ich als Kind denken. Wie so etwas Einfaches –vermeintlich Einfaches – mich so unendlich glücklich machen kann…
Meine Erwartung hat sich jedoch nicht erfüllt. Keine Tränen als ich das erste mal den Flur bei Karsten hoch und wieder runter gelaufen bin. Ein bisschen habe ich das Gefühl mich mit diesem „Mangel“ an Emotionen selbst zu schützen. Denn nach jeder neuen Prothese kam bisher auch eine neue OP. In ein oder eher zwei Wochen sieht es vielleicht anders aus. Das war bisher in diese magische Grenze und ich musste wieder im Krankenhaus anrufen.
Kleine Brötchen backen ist die Devise. Jetzt um Himmels willen nicht zu viel verlangen! Auch wenn ich vielleicht schon mehr ohne Krücken schaffe, ich lege sie nicht weg. Ich möchte mich erst in Vierpunktgang völlig wohl fühlen.
Ich möchte die Prothese nicht wieder weggeben müssen. Ich möchte nicht wieder ins Krankenhaus. Ich möchte gerne ankommen dürfen.
Stefan, Karstens junger Kollege, fand ich lief am Mittwoch so gut, dass in einer Woche keiner mehr sähe, dass ich mit Prothese laufe. Wow! Karsten und ich wollen uns diese Gedanken noch nicht erlauben. Wir haben aus der Vergangenheit gelernt und schauen von einem Tag zum nächsten. Ein Schritt nach dem anderen. Gestern fand er schon ich mute mir viel zu. Erst die ersten Schritte am Mittwoch, Donnerstag Physio und Prothesenanpassung, immer mit laufen verbunden, Freitag Ergotherapie und Prothesenanpassung. Für einen Körper, der über ein Jahr lang nicht gelaufen ist, ist das wie von null auf 100 in wenigen Sekunden. Schon bei der ersten Prothese hat er Muskelkater prophezeit. Der sich nie eingestellt hat. Heute ist der da. Mehr im rechten gesunden Oberschenkel merkwürdigerweise. Aber er ist da. Ich habe Muskelkater. Das ist toll! Ein eindeutiges Zeichen, dass ich etwas getan habe.
In den letzten Tagen denke ich oft an Dr. L. und ihre Worte: „Das sieht gut aus.“
Sie hat sich bei Prognosen nie geirrt.
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.